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Der Spiegel -Konspiration im Herrenclub?
Konspiration im Herrenclub?
Gegen US-Notenbankchef Greenspan läuft eine Klage wegen Manipulation des Goldpreises. Auch die Deutsche Bank soll in die zwielichtigen Geschäfte verwickelt sein.
Was haben US-Notenbankchef Alan Greenspan, die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), führende globale Geldhäuser wie Deutsche Bank und J. P. Morgan sowie der scheidende US-Finanzminister Larry Summers gemeinsam?
"Diese Herren und diese Banken sind für einen der größten Skandale der Wirtschaftsgeschichte verantwortlich" - das behauptet zumindest der US-Anwalt und Goldanalyst Reginald Howe. Der Berater des Gold Anti-Trust Action Committee (Gata), einer Organisation, die sich dem Kampf gegen die vermeintliche Goldmarktmanipulation verschrieben hat, reichte deshalb im Dezember Klage beim United States District Court/District of Massachusetts in Boston ein.
Howe beruft sich auf den Sherman Act der USA. Das Gesetz verbietet ausdrücklich das "Fixing" von Preisen im grenzüberschreitenden Handel. "In betrügerischer Weise hat das Kartell den Preis für das Edelmetall über Jahre auf ein künstlich niedriges Niveau gepresst", behauptet der Kläger. Das Okay für die Machenschaften sei aus dem Weißen Haus gekommen.
Als Instrument der "Konspiration" macht Howe die BIZ in Basel aus. Dort pflegen die Chefs der wichtigsten Notenbanken enge Bande im Stile eines Herrenclubs. Howe ist einer der wenigen freien Aktionäre der BIZ - die überwiegende Mehrheit halten die Zentralbanken - und als Unruhestifter schon bekannt.
Offiziell verweigert das Basler Institut - ebenso wie die Deutsche Bank - jeden substanziellen Kommentar, die US-Notenbank ließ eine Anfrage zu der Klage unbeantwortet.
Die Vorwürfe sind happig: "Minengesellschaften, ihre Arbeiter und Eigentümer werden durch den niedrigen Goldpreis in den Ruin getrieben", sagt Howe. "In den Entwicklungsländern bleiben die Schwachen auf der Strecke." Und, so paradox es zunächst klingt: Die Wall-Street-Banken strichen durch den angeblich manipulierten Preis Milliarden ein.
Tatsächlich hat das Edelmetall viel von seinem Glanz verloren. Bis zum Ersten Weltkrieg waren die Währungen der mächtigsten Staaten an das Gold gebunden, nach dem Zweiten Weltkrieg bis Anfang der siebziger Jahre beruhte das internationale Währungssystem auf der Leitwährung US-Dollar, die in Gold konvertierbar war.
Zwar herrschen im Handel noch immer der Mythos des glitzernden Metalls und ebenso viel Emotion. Nach seinem Höhenflug Ende der siebziger Jahre aber ist der Preis abgesackt. Seit Monaten gar klebt der Kurs im Bereich zwischen 260 und 300 Dollar je Unze.
Das trifft vor allem Produzenten wie Südafrika. Zum ersten Mal in ihrer Geschichte exportierte die Kap-Republik im vergangenen Jahr mehr Platin und Palladium als Gold. Vor 20 Jahren noch führte der schimmernde Stoff unangefochten die Ausfuhrliste an. Damals erzielten die Händler zeitweise über 800 Dollar pro Unze.
Heute, so rechnet der Gata-Vorsitzende Bill Murphy, müsste der Goldpreis bei freiem Markt "über 600 Dollar pro Unze" liegen. Müsste. Denn die Finanzelite vertraut laut Kläger Howe und der Gata einer einfachen Gleichung: Nur ein tiefer Goldpreis ist ein guter Goldpreis.
Ein anziehender Kurs gilt gemeinhin als letzte Warnung vor einer Geldentwertung in den USA. Und ein Höhenflug signalisiert einen schwächelnden US-Dollar an den internationalen Finanzmärkten. Beides ist eine Horrorvision für Greenspan.
Drängt der Kurs zu sehr nach oben, so behaupten die Kritiker, wird Gold in New York und London, den wichtigsten Handelsplätzen, auf den Markt geworfen. "Die Zentralbanken sind bereit, Gold in großen Mengen zu verleihen, falls der Preis steigt", bestätigte Greenspan im Juli 1998 vor dem Bankenkomitee des US-Repräsentantenhauses. Für Howe ein klarer Fall: "Das Statement kommt der Erklärung gleich, dass der Goldpreis kontrolliert wird."
Mit der Ausleihe von Gold machten die großen Geldhäuser glänzende Gewinne. Allein die Deutsche Bank wies Ende 1999 Geschäfte mit einem geschätzten Gegenwert von 5000 Tonnen Gold aus - 1500 Tonnen mehr als die offiziellen Reserven Deutschlands. Morgan, Chase und die Citibank meldeten Ende Juni 2000 Zahlen, die einem Goldberg von 8461 Tonnen entsprächen.
Die Geschäfte folgen einem simplen Schema: Institute borgen Gold von den Zentralbanken zu einem äußerst niedrigen Zins. Der Vorteil für die staatlichen Stellen: Aus den weitgehend nutzlosen Goldbergen wird zumindest ein kleiner Gewinn gezogen.
Die Banken verkaufen die geliehenen Barren. Mit den Erlösen erwerben sie Wertpapiere, deren Renditen den Leihzins weit übertreffen. Ein ebenso lukratives wie riskantes Geschäft - und alles auf Pump.
Bricht der Preis zu sehr nach oben aus, müssten Deutsche Bank, Goldman, Chase und Co. bluten: Dann würde der Leihzins mit in die Höhe schießen. Und, schlimmer noch, die Rückkäufe am Markt wären nahezu unbezahlbar. Denn die Zentralbanken verlangen irgendwann das von ihnen geborgte Gold wieder.
Schon jetzt ist der "Gold carry trade" aus dem Ruder gelaufen. Experten schätzen, dass die Geschäftsbanken den Zentralbanken bis zu 7000 Tonnen schulden. "Zu viel, um jemals zurückbezahlt zu werden", warnen die Experten von Salomon Smith Barney, einer Bank der Citigroup.
Deshalb, folgert Howe, "haben Goldman, Chase und die Deutsche Bank in den vergangenen zwei Jahren regelmäßig jede sich abzeichnende Goldrallye an der New Yorker Warenbörse Comex durch Massenverkäufe abgewürgt".
Doch Howes Theorie ist umstritten. "Auch einige meiner Kunden glauben an eine Konspiration", sagt Analyst Martin Murenbeeld, Herausgeber des "Gold-Monitor-Newsletter". "Nach den mir vorliegenden Daten bin ich allerdings nicht von der Theorie überzeugt." Gold Fields Mineral Services, ein Londoner Beratungsunternehmen, wirft Howe statistische Fehlinterpretationen vor. Die Verschwörungstheorie sei abwegig.
Die Experten werten den abgesackten Goldpreis vielmehr als Folge des starken Dollars und niedriger Inflationsraten. Zudem nutzten viele Zentralbanken jeden noch so kleinen Kursanstieg, um das tote Kapital loszuwerden. Immerhin lagern in den Tresoren der staatlichen Institute und internationalen Organisationen rund 33 000 Tonnen Gold.
Wann es zum Schlagabtausch kommt, muss jetzt der zuständige Richter in Boston entscheiden. Howe hofft, dann "die Machenschaften des Goldkartells vor Publikum aufzudecken". Greenspan und die Vertreter der Hochfinanz müssten dann unter Eid aussagen.
JAN DIRK HERBERMANN
TRANSLATION
CONSPIRACY AT THE GENTLEMEN'S CLUB
US Federal Reserve Bank Chairman Alan Greenspan was sued for Gold Price Manipulation. Deutsche Bank is also alleged to be involved in this shady business.
What do Fed chairman Alan Greenspan, the Bank for International Settlements (BIS), leading global investment banks such as Deutsche Bank, JP Morgan, and the soon-to-be former US Treasury Secretary Lawrence Summers have in common?
These gentlemen and banks are responsible for one of the biggest scandals in economic history - that is at least what the American lawyer and gold analyst Reginald Howe claims.
Accordingly, the advisor for the Gold Anti-Trust Action Committee (GATA), an organization whose stated purpose is the fight against this alleged gold market manipulation, filed a lawsuit in the US District Court for the District of Massachusetts in Boston.
Howe based his complaint on the US "Sherman Act." That statute expressly forbids the "fixing" of prices in international trade. "This cartel has fraudulently suppressed the price of the precious metal to an artificially low level" claims the Plaintiff. The "go ahead" for these machinations allegedly came from the White House.
Howe determined the BIS in Basle to be the instrument of this "conspiracy," where the bosses of the most important central banks maintain close ties like members of a gentlemen's club. Howe is one of the few private stockholders of the BIS (the vast majority of shares are held by central banks) and is already known as a trouble maker.
Officially, the Basle institution, as well as Deutsche Bank, refuse any substantive comment. The US Federal Reserve Bank left inquiries regarding the lawsuit unanswered.
The complaints are heavy stuff: "Mining companies, their employees, and owners are forced into financial ruin as a result of the low gold price" says Howe. "In developing countries, the weak are left by the wayside." And, as paradoxical as it sounds at first blush, the Wall Street banks supposedly pocketed billions through the allegedly manipulated gold price.
Indeed, the metal has lost much of its luster. Until W.W.I, the currencies of all of the most powerful countries were tied to the price of gold. From W.W.II to the early seventies, the international monetary system was based on the US dollar as its exclusive reserve currency, which was convertible into gold.
Although emotion and the mythical image of the shining metal still dominate trade, its price has tanked drastically after it initially soared during the end of the seventies. For months now the price has been stuck between $300 and $260 per ounce.
This mostly hurts gold producers like South Africa. For the first time in its history did the Republic on the Cape export more platinum and palladium than gold. Even twenty years ago the glittering stuff lead the export lists. Then, dealers temporarily obtained prices upwards of $800 per ounce.
Today, calculates GATA Chairman Bill Murphy, the gold price should be at "more than $600 per ounce." For, according to Howe and GATA, the financial elite trusts in only one equation: Only a low gold price is a good gold price.
A rising gold price is generally regarded as a warning of a coming devaluation of money in the US and a gold boom signals a weakening dollar in international financial markets. Both are nightmares for Greenspan.
If the gold price pushes too high, so claim the critics, gold is dumped on the market in London and New York, the most important trading centers. "Central banks stand ready to lease gold in increasing quantities, should the price of gold rise" Greenspan confirmed in July 1998, testifying before the banking committee of the US House of Representatives. For Howe, this is an open and shut case: "This statement is equivalent to an admission that the price of gold is controlled."
The big money houses made hefty profits from leasing gold. At the end of 1999, Deutsche Bank alone showed trades with an estimated value of 5000 tons of gold - 1500 tons more than the official gold reserves of Germany. Morgan, Chase, and Citibank declared figures in June of 200 that would be the equivalent of a gold mountain of 8461 tons.
The trades follow a simple pattern: Banks borrow gold from central banks at extremely low interest. The advantage for the central banks is that at least a small profit is drawn from the largely useless piles of gold in stock.
The banks then sell the borrowed gold bars. With the proceeds they buy financial instruments, the yield of which far surpasses the lease rate. This business is as lucrative as it is risky - and all of it is on margin.
If the gold price breaks out too far, Deutsche Bank, Goldman, Chase, and consorts pay a heavy price. Then the leasing rate would climb as well and - worse - they would not be able to pay for market purchases required to return the borrowed gold, for the central banks eventually want the borrowed gold back.
Even now the "gold carry trade" is out of control. Experts estimate that the private banks owe central banks as much as 7000 tons of gold. "Too much to ever be repaid" warn the experts of Solomon Smith Barney, a division of Citigroup.
Therefore, concludes Howe, "Goldman, Chase, and Deutsche Bank have choked off any apparent gold price rally on the New York commodities exchange, COMEX, through massive selling."
But Howe's theory is controversial. "Some of my clients also believe in a conspiracy" says analyst Martin Murenbeeld, the publisher of the "Gold Monitor Newsletter." "According to the data available to me I am not convinced that this theory is valid." Gold Fields Mineral Services, a London based consulting company, accuses Howe of statistical misinterpretation.
It maintains that the conspiracy theory is off the mark.
These experts rather ascribe the falling gold price to the strong dollar and a low rate of inflation. In addition, many central banks used even the smallest rally in the price of gold to lose some of this dead asset. Indeed, some 33,000 tons of gold are still stored in the vaults of central banks and international organizations.
When the combatants will finally trade punches must now be determined by the presiding judge in Boston. Howe hopes he will then be able to expose the gold cartel's machinations before the eyes of the public. Greenspan and the other representatives of high finance will then be forced to testify under oath.
END.